Melanie Charles

Sonntag, 16. Oktober 2022, Alte Feuerwache

Melanie Charles

Vor langer, langer Zeit hat der Jazzkritiker mit dem exaltiert klingenden Namen George O. von Frank einmal einige Merkmale aufgeführt, an denen man einen Jazzvokalisten resp. eine -vokalistin erkenne. Ganz am Anfang der Liste steht die Achtung vor Melodie und Text. Es folgen das Gefühl für Rhythmus, die Intonation, die Phrasierung. Vonnöten sei weiterhin guter Geschmack bei der Auswahl der Stücke. Natürlich die Stimme, die wie ein Instrument verwendet wird und zu allerlei Improvisation in der Lage sein sollte. Ein persönlicher Stil muss entwickelt werden, und ein gewisser Sinn für Humor kann nicht schaden. Und zu guter Letzt gehe es um Vielseitigkeit – Ballade, Blues- oder Musical-Nummern sollten im Repertoire enthalten sein. Jeder Song, ließe sich hinzufügen, muss klingen, als hätte ihn der Performer selbst verfasst. Wendet man diesen Kriterienkatalog an, dann findet man gewiss einige Sänger*innen, die zumindest einem Teil davon gerecht werden. Aber nur sehr wenige, die ihn zur Gänze erfüllen und durch ihre Originalität sogar übertreffen. Melanie Charles gehört eindeutig zu dieser Minderzahl, und das obwohl die 1988 in New York City geborene Sängerin, Flötistin und Komponistin noch auf kein überreiches Oeuvre zurückblicken kann. Hört man aber ihre mit allen möglichen Stilen spielenden, mit Elektronik angereicherten und doch mit einer respektvollen Verneigung vor der Tradition aufgenommenen Alben – drei an der Zahl bislang, zuletzt erschien „Y’All Don’t (Really) Care About Black Women“ auf Verve –, dann beweist Melanie Charles nicht nur ein sehr helles Bewusstsein fürs Erbe, sondern lässt Genres wie HipHop oder Funk einfließen, arbeitet mit Overdub- und Sample-Techniken oder nutzt Breakbeats. Das ist ein höchst raffinierter Zitat-Jazz, aber nicht im Sinne von Abgebrühtheit, vielmehr als ganz jetzige Revitalisierung von Vorfahrinnen wie Billie Holiday, intensive musikalische Entgrenzungen inklusive. Letztes Jahr eröffnete Melanie Charles mit ihrem Trio das Enjoy Jazz Festival und schickte ein enthusiastisches Publikum in sechs Festivalwochen. Die RNZ würdigte in der Besprechung des Abends nicht nur die politischen Aspekte, die Charles in den Texten, aber auch der collageartigen Form ihrer hochkomplexen Musik akzentuiert. Sondern auch die immer wieder spürbaren karibischen Einflüsse in ihren Stücken – ihre Familie hat haitianische Wurzeln. Was das Konzert zu etwas Besonderem gemacht habe, so die RNZ, sei der hohe künstlerische Anspruch dieser Sängerin und Komponistin, der weit über das übliche Jazz-Business hinausgehe. Deshalb wird es auch kein business as usual geben, wenn Melanie Charles nun in Quartett-Besetzung zum Festival und in die Alte Feuerwache zurückkehrt. Spielfreude, Überraschungen, Begeisterung sind vorprogrammiert, und ein neues, noch wuchtigeres Klangbild.

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Auf einen Blick

Beginn: Sonntag, 16. Oktober 2022, 20:00

Einlass: 19:00

Ort: Alte Feuerwache, Brückenstraße 2, Mannheim, Baden-Württemberg, 68167, Deutschland

Bestuhlung: Keine Angabe

Tickets: 24 Euro

Abendkasse:

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Besetzung

Melanie Charles : voc, electronics

Zacchae’us Paul: keys, electronics

Robert Ikiz:  dr

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