Mit dem Trompeter und Komponisten Jon Hassell ist einer der einflussreichsten Innovatoren und Inspiratoren neuer Musikstile und -techniken im Alter von 84 Jahren verstorben. In der Region wird vor allem sein grandioses Enjoy-Jazz-Konzert 2006 in der Alten Feuerwache in Erinnerung bleiben. Hassell hat mit seiner Elektrifizierung nicht nur das Klangbild der Trompete maßgeblich erweitert und damit Türen für Musiker wie Nils Petter Molvaer aufgestoßen. Er hat mit seiner als „Fourth World“ bezeichneten mikrotonalen Klanggestaltung zu einem völlig unikaten Spiel gefunden, in dem sich, ästhetisch verdichtet durch elektronische Ausdrucksformen, die Sinnlichkeit der menschlichen Intuition idealtypisch widerspiegelt. Er war außerdem ein bedeutender Geburtshelfer für Ambient und World Music. Nichts macht seine übergroße Bedeutung deutlicher als die Liste der Musiker, mit denen der Stockhausen-Schüler gearbeitet hat, darunter Terry Riley, Brian Eno, Moritz von Oswald, David Sylvian, Ry Cooder, Jan Bang, Nana Vasconcelos, Peter Gabriel oder Bill Laswell. Wie so viele Jazzmusiker vor ihm konnte er zuletzt seine Behandlungskosten im Land der einstmals unbegrenzten Möglichkeiten nicht mehr selbst tragen. Vor gut einem Jahr hatte seine Familie daher mit Unterstützung von Weggefährten wie Brian Eno zu Spenden aufrufen müssen. Am 26. Juni 2021 ist Hassell verstorben. Seine wegweisende Energie wird nicht nur dem Jazz fehlen.
Datum: 27. Juni 2021